Erklärung zur Lage um die Ukraine
Die Landes- und Kreisvorsitzenden von DIE LINKE. Thüringen am 02.03.2022
Mit jedem Tag der völkerrechtswidrigen russischen Invasion auf ukrainischem Boden zeigt sich die zerstörerische Kraft des Krieges erneut und auf eine bestialische Art und Weise. Es ist und bleibt inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen, dass die russische Führung einen Angriffskrieg auf die Ukraine führt. DIE LINKE. Thüringen steht an der Seite der Menschen in der Ukraine, welche auf Befehl Putins in völkerrechtswidriger Weise angegriffen wurden und jetzt von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch machen.
Die vielen Friedensdemonstrationen in Thüringen, Europa und der ganzen Welt sind ein wichtiges Signal. Es macht Mut zu sehen, wie auch Menschen in Russland auf die Straße gehen oder sich viele russische Personen aus Sport, Wirtschaft und Kultur trotz der ihnen drohenden Repressionen gegen den Krieg zu Wort melden.
Hier vor Ort läuft die humanitäre Hilfe an: Landesregierung, Vereine, Unternehmen und viele private Helfende tun auf ihren Wegen gerade alles, um flüchtenden Menschen aus der Ukraine hier in Thüringen einen sicheren Hafen und friedlichen Alltag zu ermöglichen. Wir danken den vielen Freiwilligen, die gerade Sammelaktionen und Transporte durchführen und sich bemühen Schutzräume für Geflüchtete anzubieten.
Wir rufen alle Mitglieder von DIE LINKE. Thüringen auf, sich in solidarischer Weise an den Hilfsaktionen zu beteiligen und im Lichte der schrecklichen Ereignisse zu zeigen, dass die Flüchtenden hier willkommen sind und diejenigen, die in der Ukraine ausharren müssen, mit dem versorgt werden, was sie brauchen. Viele Genoss*innen in den Kreis- und Stadtverbänden sind diesem Aufruf bereits gefolgt.
Bundespolitisch stehen wir vor einer dramatischen Zeitenwende. Wenn jetzt davon gesprochen wird, dass alles auf den Prüfstand muss und damit lediglich ein Zurück zur Wehrpflicht oder Rollback in der Energieversorgung gemeint ist, wird die politische Debatte sowohl der aktuellen Situation als auch künftigen gesellschaftlichen Herausforderung die aus dieser in anderen Krisen erwachsen nicht gerecht. Ein 100-Milliarden-Euro-Paket zur Aufrüstung der Bundeswehr wurde über Nacht ohne gesellschaftliche Debatte und ohne die Zustimmung aller Regierungspartner auf den Weg gebracht. Eine gesellschaftliche Debatte halten wir jedoch für dringend notwendig.
Die Entscheidung, ob Milliardenbeträge nicht besser für Bildung, Gesundheit und die Energiewende eingesetzt werden sollten, ist eine wegweisende für die zukünftige Entwicklung Deutschlands und wird uns auf Pfade bringen, auf denen wir nicht ohne Weiteres umkehren können. Wir sind sicher, dass es jetzt erheblicher finanzieller Kraftanstrengungen für die humanitäre Hilfe bedarf statt einer langfristigen massiven Aufrüstung der Bundeswehr, die viel mehr Beschaffungs- und Strukturprobleme hat als ein Geldproblem. Dieses Finanzierungspaket für die Aufrüstung der Bundeswehr ist keine kurzfristige und schnelle Hilfe für die Ukraine, sondern die endgültige Absage vom Weg der Abrüstung für viele Jahrzehnte. Im laufenden Krieg wird die Ukraine davon nicht profitieren.
Neben dem Finanzierungspaket hat der Bundeskanzler angekündigt, die Erhöhung des Verteidigungsetats, also die Aufrüstung in Höhe von 2 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, grundgesetzlich verankern zu wollen. Künftige Generationen werden bei einer entsprechenden Verfassungsänderung von Entscheidungen betroffen sein, die jetzt im Lichte weniger Tage und Wochen unter dem Eindruck schrecklicher Ereignisse getroffen werden sollen. Wenn wir wollen, dass mit dem Ende des Krieges in der Ukraine ein Auftakt für eine neue Friedensordnung gefunden wird, für Lösungen jenseits der Logik von Militärbündnissen und Großmachtstreben, ist eine massive und im Grundgesetz verankerte Aufrüstung der falsche Weg.
Es muss jetzt darum gehen, den Menschen in der Ukraine solidarisch beizustehen und das Leid zu beenden. Aber auch deutlich zu machen, dass langfristige Aufrüstung keine Lösung für eine friedliche Staatengemeinschaft sein kann. Eine Festschreibung des 2%-Ziels in der Verfassung lehnen wir strikt ab. Russland muss die Kampfhandlungen einstellen und sich unverzüglich aus der Ukraine zurückziehen. Wir hoffen, dass auch ein Weg zurück zur diplomatischen Lösung für den Frieden gefunden werden kann, jenseits einer Entmilitarisierung und unter Wahrung der vollständigen Autonomierechte der souveränen Ukraine. Statt weltweiter Aufrüstung muss unser Ziel sein "Frieden schaffen ohne Waffen!". Nicht die Rüstungsindustrie, sondern die Menschen in der Ukraine müssen von den Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft und humanitärer Hilfe profitieren.
Landes- und Kreisvorsitzenden am 02.03.2022